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Der Gute Mensch von Sezuan - Die drei Götter |
Warum stellt Brecht die Götter so menschlich dar?
Brecht war Atheist, obwohl die Bibel zu seinen Lieblingsbüchern zählte. Dieser Atheismus entsprang seiner Überzeugung gegenüber dem Marxismus, der die Religion als „Opium des Volks“ bezeichnet und der Brecht als die höchste Form des souveränen Denkens erschien.
In einem Kapitel des Kommunistischen Manifestes ist die Religion das Thema. „Die Kritik der Religion“ wird hier als „die Vorraussetzung aller Kritik“ bezeichnet. Später heißt es: „Die Kritik des Himmels verwandelt sich in die Kritik der Erde, die Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Theologie in die Kritik der Politik“.
Diese Ausführungen enden in einem von Marx als „kategorischer Imperativ“ bezeichneten Zustand, der besagt, dass der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, in Anlehnung an den von Kant geprägten kategorischen Imperativ, der Maxime, nach der der Mensch sich anderen Menschen gegenüber so verhält, wie er selbst es von ihnen erwartet. Marx deutet dies als eine „Selbstvergöttlichung“ des Menschen.
Ich glaube, dass Brecht sich in Bezug auf die Götter sehr auf die marxistische Lehre bezogen hat. Nach seinem Verständnis der Weltanschauung gab es keinen Gott. Und wenn Bertold Brecht die marxistische Lehre vollkommen angenommen hat, dann sah er den Menschen als das höchste Wesen, und wenn es kein höheres Wesen gibt, dann können die Götter auch nicht größer, besser oder mächtiger sein als z.B. Wang, Yang Sun, Shen Te und die anderen Personen in dieser Parabel.
Brecht glaubte vor allem daran, dass man, wenn man dem Menschen helfen will, die Welt verändern muss, und zwar radikal und von Grund auf. Diese Intention zeigt sich in der Parabel der gute Mensch von Sezuan ununterbrochen. Denn wenn es nicht möglich ist, gut zu sein und dabei zu überleben, dann muss die Welt geändert werden. Und wenn schon extra drei Götter kommen, weil sie einen guten Menschen finden wollen, dann erst recht.
Ohne sich direkt auf das kommunistische Manifest zu beziehen, hat Brecht, indem er die Götter so menschlich darstellte, deutlich gemacht, dass diese Darstellung des Menschen und der Religion nach Marx in seine Weltanschauung und seine marxistisch geprägte Ansicht von Glauben und Religion passte und er ihn unterstütze.
Denn drei Götter, die erstens auf die Erde kommen müssen, um einen guten Menschen zu finden (also anders als Jesus, der auf die Erde kam, um gute Menschen zu schaffen) und wie bei einer Wette beweisen müssen, dass es gute Menschen gibt; die nach zu wenig Schlaf unfreundlich und angenervt sind; und die nach dem Ende ihrer Wanderung über die Erde ohne Hut, ohne Bein aber mit blauem Auge zu dem Ergebnis kommen, dass ein Mensch unter den gegebenen Verhältnissen nicht gut sein kann, wenn er überleben will, solche Götter sind nicht größer, besser oder mächtiger als der Mensch.
von Lina
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